Trans4JAZZ-Festival

Ravensburg & Weingarten

Mike Stern © Oliver Hofmann

Von Christoph Giese. Als packender Jazzbassist ist er bekannt geworden, vor allem mit seinem Spiel auf dem akustischen Tieftöner. Den hat Avishai Cohen in Ravensburg gar nicht erst dabei. Wozu auch, Jazz spielt er bei der Live-Umsetzung seines aktuellen Albumprojekts 1970 im Ravensburger Konzerthaus sowieso nicht. Muss ja auch nicht sein. Aber der World-Pop, den er mit seinem Quintett serviert, klingt reichlich fad. Wozu der Israeli eine Sängerin mitgebracht hat, die eigentlich nur gegen Ende in einem Duett mit ihm mal zeigen darf, was sie stimmlich kann, fragt man sich. Denn am liebsten hört der ein wenig selbstverliebt wirkende Avishai Cohen sich selbst singen. Da überzeugt Gitarrist Mike Stern mit seiner Band zwei Abende zuvor im Nachbarort Weingarten deutlich mehr. Zwar klingt sein Jazz-Rock-Gebräu, das er mit Langzeit-Buddy Bob Malach (sax), Darryl Jones (e-b) und Keith Carlock (dr) zusammenrührt, gut abgehangen nach alten Fusion-Tagen, aber alles ist kernig auf den Punkt gespielt. Seine vielen Fans im vollbesetzten Kulturzentrum Linse lieben es zu Recht.

Was das Trans4JAZZ ausmacht, ist seine Vielfalt, sowohl bei der Auswahl des Programms als auch der Spielstätten. Dass dabei auch Künstler aus der Region eine Spielwiese bekommen – wunderbar. Anna-Lucia Rupp und Fama Olivia M´Boup sind zwei noch junge Sängerinnen, die als Duo Olícia ein kleines Set im Vorprogramm von Avishai Cohen spielen dürfen und ihren Gesang mit allerlei Effekten und Loops anreichern. Ein wenig fehlt noch die Stringenz, aber aus diesem Projekt kann etwas werden. Im historischen Konzerthaus kommen auch Soul- und Funk-Freunde auf ihre Kosten, als der schwedische Sänger und Keyboarder Johan Nilsson und seine Band Funk, Pop, R’n‘B und Orchesterjazziges auftischen. Nilsson gibt dabei zwischendurch wahlweise den Stevie Wonder oder R’n‘B-Star Brian McKnight, was vielleicht nicht so wahnsinnig originell ist. Da packt es einen bei Electro Deluxe schon mehr. Messerscharfe Bläsersätze, jede Menge knalliger Funk und Soul, dazu der charismatische, elegant gekleidete Frontmann und Sänger James Copley – wer Spaß will, ist bei den Franzosen an der richtigen Adresse.

Seit Jahren ein Highlight im Festivalprogramm ist das Sonntagnachmittagskonzert am letzten Festivaltag in der Evangelischen Stadtkirche in der Ravensburger Innenstadt. Dieses Jahr ist es der emotionale Höhepunkt. Mathias Eick reist extra für diesen Auftritt aus Oslo an. Aber wer hätte auch besser dort hingepasst als der norwegische Trompeter, der sein aktuelles Album Ravensburg genannt hat. Er hat es so genannt, weil eine seiner Großmütter zwar in München geboren wurde, aber in Ravensburg lebte. Hymnisch verträumt, aber auch zupackend und groovend, spielen sich Eick und sein Quintett durch die Kompositionen des Albums und einige weitere Nummern. Zauberhaft die Dialoge von Trompete und der Geige von Håkon Aase, sanft die Pulsschläge von E-Bass und Schlagzeug, ausschmückend die Sounds von Keyboard oder Fender Rhodes. Dazu ist der Sound in der Kirche brillant. Ein absoluter Hörgenuss. Da fällt es richtig schwer, nur eine gute Stunde später in der Zehntscheuer der jungen Polin Kinga Głyk und ihrem funky Bass-Spiel zu lauschen und sich dabei auch nicht annähernd so berühren zu lassen.