© Marcus Fägersten

Ystad Sweden Jazz Festival

Ystad

Von Angela Ballhorn. Wenn Möwen kreischend ihrer Begeisterung Ausdruck geben und hoch am blauen Himmel fliegen, während unten in einem Garten zwischen vollbehangenen Birnbäumen und blühenden Rosenbüschen das Trio um den schwedischen Bassisten Hans Backenroth spielt, dann kann das nur das Jazzfestival in Ystad sein.

Flirrende Sonne über der Ostsee, wenn man aus dem Konzertsaal des mondänen Saltsjöbad ins Tageslicht zurückkommt, und tanzende Staubpartikel im Scheinwerferlicht des Theaters von 1893 verheißen ein langes Wochenende, vollgepackt mit abwechslungsreicher Musik: Old and New, Solo bis Bigband, langjährige Projekte und Working Bands. Die Fallhöhe nach dem Eröffnungskonzert (nachdem Pianist Leszek Możdżer mit Bassist Lars Danielsson mittags im Saltsjöbad gespielt hatte) mit Dave Hollands KISMET Band war beträchtlich. Nicht nur, dass das Trio mit Saxofonist Chris Potter und Drummer Marcus Gilmore eines der atemberaubendsten Ensembles ist, das trotz Alter und Erfahrung immer neugierig bleibt – zudem war es das letzte Konzert der Band nach einer langen Tour. Blindes Vertrauen und perfektes Eingespieltsein waren zentral, Hollands geschmackvolle Kompositionen und noch viel spannendere Soli, bei denen die Zuhörenden die Entwicklung musikalischer Ideen mitverfolgen können – ein Traum.

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Mike Stern – ähnlich beständig in Sound und musikalischen Ideen – brannte zum Ausklang des ersten Abends ein Feuerwerk an Energie und Fusion-Power ab, bei dem manchmal übersehen wird, welch feines Gespür für Melodien und harmonische Stimmführung der Gitarrist hat. Der künstlerische Leiter des Festivals, Pianist Jan Lundgren (Einwohner von Ystad), stellte das neue Album seines langjährigen Trios Mare Nostrum mit Richard Galliano (acc) und Paolo Fresu (tp) vor, seit 20 Jahren spielen die drei zusammen, und es haben sich auffällig viele Kompositionen für Ehefrauen, Enkelkinder und Wiegenlieder für Hunde im Repertoire angesammelt. Lundgrens Bill-Evans-Programm mit dem fantastischen Anders Jormin am Bass und Wolfgang Haffner am Schlagzeug blieb dagegen mehr ein Versprechen.

Magnus Lindgren konnte seine Musik für das Kammermusik-Ensemble Musica Vitae arrangieren. Die Bandbreite zwischen Vivaldis Vier Jahreszeiten und Procol Harums A Whiter Shade of Pale war immens, schön wäre es gewesen, den Streichern mehr Raum als nur die Klangflächen-Rolle in Jazzvoicings zu geben. Eine Entdeckung war die Sängerin Catherine Russell, die mit Tal Ronen (b) und Matt Munisteri (g) auftrat. Nach Jahrzehnten in der zweiten Reihe als Backgroundsängerin für David Bowie bis Cyndi Lauper war die Sängerin erst 2006 mit Ende 40 ins Rampenlicht getreten. Ihr Programm mit Stücken ihres Vaters, der unter anderem für Louis Armstrong arbeitete, und charmanten Stücken aus dem Great American Songbook („Ich mag Stücke, die Fragen stellen und die vom Essen handeln“) begeisterte.

Traditionell findet sich reichlich Bigband-Musik im Programm des Ystad Jazz Festivals. 2025 war das nicht anders, der letzte Festivaltag zog wieder nach draußen vor das Schloss Charlottenlund mit Großbesetzungen, die unter anderem Quincy Jones ehrten. Auch hier hatten Möwen und Gänse reichlich Gelegenheit für ihre wohlwollenden Kommentare.