HÖRBUCHT

OMIKRON

Omikron. Immerhin ein kleiner Buchstabe, nix Großes. Kleines o, nur der 15. Buchstabe im griechischen Alpha(!)bet. Weit entfernt selbst von Beta, Gamma und dem brachialen Aggro-Delta. Weit entfernt im Süden Afrikas, letzte Hausnummer, jwd. Janz weit draußen. Omikron. Sehr kleiner Buchstabe. Kein Alphavirus. Das mikroskopisch kleine mikro im Namen. Verniedlicht. Verwinzigt. Verflixt. Gilt bei Viren nicht, je kleiner, je fieser? Desto toter? Man weiß es nicht. Noch nichts Genaues. Wir sind ja bald alle, ALLE geimpft. Schlüpft es da locker durch, dieses Omikron, bricht durch, unaufhaltsam? Unter dem Radar? Brauchen wir neu designten Impfstoff, ALLE? Neue Designer, neue Experten, neue Hersteller? Neue Pandemio- und Epidemiologen? Man weiß es nicht.

Da ist ja so gut wie keiner geimpft in diesem Südafrika, KEINER. Nur genesen alle, völlig durchseucht waren die. Die hätten sich mal impfen lassen sollen, ALLE! Jetzt also Omikron. Klingt ungefährlich. Nach etwas, das Conan der Barbar ohne Schwert besiegen würde. Mit verbundenen Augen. In Skischuhen, Arme auf dem Rücken. Klingt nach etwas, das nicht mal high macht. So’n richtiger Downer. Lockdowner. Langweiler. oO. Oo. Unendlicher Langweiler. Placebovirus, bestimmt. Opikron kichert. Omikron sind die Plätzchen angebrannt. Wird schon ein bisschen vergesslich, die Gute.

Das kleine ohhhh kann mit dem guten Ahhh sicher nicht mithalten, ihm nicht das Wasser reichen. Hat keinen Killerinstinkt. Versagt auf der ganzen Linie. Pfeifen im Walde. Omikron schließt nicht mal nen Bauchladen. Geschweige denn ein ganzes Land. Wie? Hat es schon? Egal. Abwarten und Tee trinken. Keine Hysterie! Omikron kocht auch nur mit Wasser. Und am Ende killt uns keiner außer Lamda. Oder Pi. Bitte lassen Sie uns durch, wir sind Arzt. In der Hörbucht…

Björn Simon

Markus Henrik

Dr. Pops musikalische Sprechstunde

WortArt

3,5 Sterne

Music is the healing force of the universe“, hat Albert Ayler schon gewusst, und in das gleiche Horn stößt auch der Musikwissenschaftler und Entertainer Markus Henrik alias Dr. Pop. In seinem Hörbuch Dr. Pops musikalische Sprechstunde versucht er sich dem Phänomen, wozu Musik alles gut sein kann, auf vielfältige Weise zu nähern. Dazu greift er auf wissenschaftliche Studien genauso zurück wie auf persönliche Erfahrungen – dass mit Musik alles besser geht, weiß ja bekanntlich schon der Volksmund. Bis in die Ur- und Frühgeschichte reicht der wissenschaftliche Erfahrungshorizont. Dass unsere Vorfahren bei der Jagd gesungen haben, dass man Musikinstrumente gefunden hat, die Tausende von Jahren alt sind – all das vermittelt Dr. Pop durchaus unterhaltsam und sehr eloquent.

Singen lindert Ängste, stärkt das Selbstbewusstsein, sorgt für Glücksgefühle und beugt seelischen Erkrankungen vor. Mit Erkenntnissen wie diesen will Dr. Pop vor allem für das aktive Singen und Musizieren motivieren, was ihm hoch anzurechnen ist. Er hat aber auch Verständnis für den passiven Musikkonsumenten, der Musik vor allem auf dem Handy oder der heimischen Stereoanlage goutiert. Auch das ist gesund, denn Musik kann nachweislich Schmerzen lindern. In Studien wurde gezeigt, dass Musik nach einer Operation den Einsatz von Morphin um ein Drittel reduzieren kann.

Musik kann sogar zu Leistungssteigerungen beim Sport führen, man läuft schneller, wenn man dabei Musik hört. Musik treibt an und sorgt gleichzeitig für Entspannung. Das gilt aber nicht für professionelle Musiker, denn die hören zu genau hin und geraten dadurch aus dem Rhythmus.

Der positive Einfluss von Musik auf heranwachsende Babys im Mutterleib gehört ja schon zum Allgemeinwissen, aber auch dem geht Dr. Pop genauer auf den Grund und stellt fest, dass dieser Effekt nach einiger Zeit schon wieder verloren geht – wer vor seiner Geburt nicht mit Mozart beschallt wurde, braucht also nicht mehr besorgt zu sein.

Wer nun selbst zum Instrument greifen will, sollte wissen, dass es dafür nie zu spät ist. Zwar gilt es als ideal, mit sechs Jahren ein Instrument zu lernen, aber Dr. Pop hat auch ein Gegenbeispiel aus dem Jazz parat. Wes Montgomery hat erst mit neunzehn begonnen, Gitarre zu spielen und seine individuelle Technik, mit dem Daumen statt mit dem Plektrum die Saiten anzuschlagen, war dem Umstand geschuldet, dass er leiser klingen wollte, um beim Üben seine Gattin nicht zu nerven.

Aber auch den Einsatz von Musik für bösartige Zwecke ist Dr. Pop einige Überlegungen wert. Er greift dabei auf die Praktiken der USA zurück, die erst den Diktator Norriega, dann die somalischen Piraten am Horn von Afrika und später angebliche Terroristen in Guantanamo mit westlicher Popmusik in den Wahnsinn getrieben haben. Es zählen aber auch kommunale deutsche Verwaltungen dazu, die versuchen, mit dem Einsatz von klassischer Musik Obdachlose aus U-Bahn-Stationen oder von anderen öffentlichen Plätzen fernhalten zu wollen.

Was ein bisschen nervt, ist der biedere Duktus, in dem Dr. Pop seine Erkenntnisse darbietet, und ein gewisser Holzhammerhumor, der auf ein augenzwinkerndes Einverständnis mit seinem Publikum setzt. Immer wieder schließt Henrik seine Beweisführung, welche positiven Eigenschaften sich mit Musik verbinden lassen, mit dem Gag, dass das nicht für die Musik von Modern Talking, Michael Wendler oder die Amigos gelte. Für jemanden, zu dessen Höhepunkten in der musikalischen Sozialisation ein Konzert von Rolf Zuckowski zählt, hat das zumindest einen leicht irritierenden Zungenschlag.

Alles in allem ist Dr. Pops musikalische Sprechstunde jedoch ein vergnüglicher Ritt durch die Musikgeschichte, bei dem sicher für jeden, der sich nur im Mindesten für Musik interessiert, durchaus interessante Erkenntnisse dabei sind. Was zum Beispiel die Spice Girls mit Angela Merkel zu tun haben, was Jimi Hendrix dazu gebracht hat, das „Star-Spangled Banner“ in Woodstock zur Aufführung zu bringen oder wie man sich John Cages berühmtem Stück „4:33“ im Musikunterricht nähern kann, das alles rührt Dr. Pop zu einem munteren musikalischen Cocktail an. Und man erfährt immerhin, dass beim Konzert von Michael Jackson auf Schalke Tic Tac Toe im Vorprogramm gespielt haben. Der Autor war Zeuge, wenn es dem zehnjährigen Markus Henrik auch nicht sonderlich gefallen hat. Ein Jammer, dass er sich der historischen Bedeutung dieser Konstellation auch im Nachhinein nicht bewusst geworden ist.

Rolf Thomas