jazzahead!

Bremen

© Guido Diesing

Von York Schaefer. Acts aus Afrika waren in der Geschichte der zweifellos international ausgerichteten jazzahead! eine Rarität. Nun hat die neue künstlerische Leitung um Götz Bühler den über drei Jahre laufenden Schwerpunkt „Jazz from Africa“ implementiert. Endlich, muss man wohl sagen angesichts der Vielfalt, den der europäische Nachbarkontinent auch im Jazz schon lange zu bieten hat. Endlich, auch angesichts des Rückgriffs vieler schwarzer Jazzmusiker*innen auf afrikanische Traditionen, etwa im Konzept des Afrofuturismus.

Mit der Wahl der Niederlande als diesjährigem Partnerland hatte man sich bereits eine sehr international aufgestellte Jazzszene ins Haus geholt. Das Amsterdamer Marmoucha Orchestra um den Guembri-Virtuosen Mehdi Nassouli zum Beispiel schöpft seit über 20 Jahren aus dem Schatz der marokkanischen Gnawa-Tradition und verbindet diese mit westlichen Instrumenten. Beim feurigen Auftritt des zwölfköpfigen Orchesters riss es die Leute in der auch zur späten Stunde noch gut gefüllten Messehalle aus den Stühlen.

Beim Afrika-Schwerpunkt waren Bands aus Nigeria, Kenia und Senegal im Hauptprogramm der Showcase-Konzerte in Schlachthof und Messehalle dabei. Dazu kamen Acts mit afrikanischen Wurzeln bei der Clubnight in kleineren Bremer Locations. Die Afro4Band aus Nigeria spielte zum Auftakt der Reihe knackigen, an Funk und Groove orientierten Jazz. Das afrikanische Element ihrer Musik zeigte sich in den teils vierstimmigen Gesangsparts in Yoruba, einer der wichtigsten Sprachen Nigerias. Und wenn man wollte, konnte man beim südafrikanischen Pianisten Luyanda Madope die warmen, zurückgenommenen Akkorde eines Abdullah Ibrahim heraushören. Richtig spannend war das Konzert der Afro4Band allerdings nicht. Interessant ist in diesem Kontext die Frage, was eigentlich „Jazz from Africa“ ausmacht. Eine mögliche Antwort fand sich bei einem interessanten Podiumsgespräch mit dem stichhaltigen Titel: „Jazz from Africa is not necessarily world music“. In der Diskussion ging es um die eurozentristische Ignoranz, alles an Musik von außerhalb des westlichen Kanons als „anders“ oder eben Weltmusik zu bezeichnen – wobei unter diesem Label natürlich auch sehr erfolgreich nicht westliche Musik vermarktet wird. Als ein Markenzeichen für Jazz aus Afrika machte Dudu Sarr von der Dakar Music Expo das Stilmittel der Fusion aus, mit starken Einflüssen aus lokalen Kulturen wie eben bei der Afro4Band.

Die kenianische Trompeterin Christine Kamau hatte vor ihrem Konzert von Einflüssen aus der Benga-Musik gesprochen, einem jahrzehntealten gitarrenlastigen Sound aus Ostafrika, selbst auch schon eine Mixtur verschiedener regionaler Traditionen. Eine Gitarre war allerdings gar nicht vertreten auf der Schlachthof-Bühne, auf der die Kenianerin insgesamt nicht überzeugen konnte. Ihre Intonation war stellenweise unsauber, ihre Gesangsstimme ohne Druck, der Drummer zu laut. Toll war dagegen der Auftritt des jungen südafrikanischen Gitarristen Vuma Levin mit seinem Quintett in einer schicken Hotelbar bei der Clubnight – abwechslungsreiche Musik zwischen flirrender Komplexität und kontemplativen Momenten, in der sich mit afrikanischer Percussion und digitalen Gitarrenloops Tradition und Moderne vereinen.

Das finale Konzert der jazzahead! spielte der senegalesische Bassist und Sänger Alune Wade mit seiner fünfköpfigen international besetzten Funkjazz-Formation. Zuckende Körper vor der Bühne, ein zumeist zackiger E-Bass, satte Bläsersätze – eine kosmopolitische Musik zwischen Europa und Afrika und ein guter Abschluss eines eher durchwachsenen „Jazz from Africa“-Fokus‘.