Jazzopen

Stuttgart

© Rainer Ortag

Von Harry Schmidt. Kein Trommelwirbel, doch immerhin die Ehrung eines Schlagwerkers markierte den Auftakt der Jubiläumsausgabe: Die Jazzopen feierten ihr 30-jähriges Bestehen, und Billy Cobham wurde mit der German Jazz Trophy ausgezeichnet. Traditionell sind die Verleihung der von Otto Herbert Hajek gestalteten und mit einem Preisgeld von 15.000 Euro dotierten Trophäe sowie das anschließende Preisträgerkonzert als Eröffnung des Festivals terminiert. Mit markantem Drive dirigierte der 80-Jährige sein junges Quintett durch einen Querschnitt seines Œuvres, als dessen Highlights der Titeltrack seines Spectrum-Albums und „Paseo Del Mar“ hervorstechen, ein grandioser Shuffle, dessen lebendiger Groove für einen ungetrübten Glücksmoment im TV-Studio-Ambiente des SpardaWelt-Eventcenters sorgte. Dort waren auch Lee Ritenour und Dave Grusin, die Jazzrausch Bigband, die Jakob Manz Groove Connection und die McCoy Legends zu erleben.

Große Namen wie Lenny Kravitz, Sting und Jamie Cullum prägten die Jubiläumsausgabe des Festivals auf der größten Festivalbühne. Zum Auftakt der durchweg ausverkauften Schlossplatzkonzerte hatte Jazzopen-Intendant Jürgen Schlensog eine Premiere programmiert: Der Auftritt von Herbert Grönemeyer mit den Stuttgarter Philharmonikern gehörte zu den nachhaltigen Glanzlichtern der Saison, vom Mehrwert der Orchesterarrangements profitierten selbstredend zuvorderst die Balladen.

Mit Spannung erwartet wurde der Auftritt von Sam Smith auf dem Schlossplatz. Zum einen, weil Festivaldebüts in einem Programm, das Starpower mit Hang zur Dauerschleife präsentiert, stets ein gesteigertes Maß an Aufmerksamkeit gebührt. Die starke Performance und durchgestylte Show des britischen Sängers, der sich als „genderqueer“, also non-binär definiert, konnte indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass Smiths musikalischer Entwurf weitaus weniger innovativ gestrickt ist – im Wesentlichen handelt es sich um ein recht umstandsloses Blue-Eyed-Soul-Update ohne allzu große Brüche.

Im von Renaissancearkaden umstandenen Innenhof des Alten Schlosses, dem schönsten Venue der Jazzopen, ragte das Konzert von Marcus Miller heraus, während die Festivalpremieren von Lawrence und The Cat Empire eher leichtgewichtige Konfektionsware boten. Angélique Kidjo und Lizz Wright hinterließen hingegen starken Eindruck. Unangefochtener Höhepunkt des Festivals war das Set von Donny McCaslin im Bix, in dem die Luft zu brennen schien. Warum David Bowie den Saxofonisten zu seinem Alben-Vermächtnis Blackstar eingeladen hat, verstand sofort, wer die Interpretation des daraus stammenden „Lazarus“ hörte. Das fulminante Quartett rief teilweise gar den Wagemut von Throbbing Gristle in Erinnerung.

Mit neuem Publikumsrekord von 57.000 Besuchern und einer Dancefloor-Jazz-Party mit Electroswing-Pionier Parov Stelar und der Hamburger Techno-Brass-Band Meute klangen die Jazzopen aus. Auf den vier Hauptbühnen – Schlossplatz, Altes Schloss, SpardaWelt Eventcenter und Bix-Jazzclub – betrug die Auslastung 97 Prozent, auch die eintrittsfreien Open Stages luden zu Entdeckungen ein: etwa mit der sensationellen Schlagzeugerin Roni Kaspi, die im StadtPalais wirbelte.