London Column
Wenn ich an den britischen Saxofonisten Iain Ballamy denke, der Anfang 2024 seinen 60. Geburtstag feierte, kommt mir viel in den Sinn. Er ist eine einzigartige Persönlichkeit. Wie John Fordham einmal schrieb: „Ballamy kam aus dem Loose-Tubes-Stall mit einem völlig unfashionablen Saxofonsound (also nicht wie John Coltrane). Er klingt wie niemand sonst in der britischen Szene.“ Es freut mich, dass der Jazz-Kurs einer unserer Musikhochschulen, das Royal Welsh College of Music and Drama, beschlossen hat, eine Konzertfeier für ihn zu veranstalten. Das Programm war den verschiedenen Phasen seiner Karriere gewidmet und spiegelte seine schrullige Vorstellungskraft als Komponist wider, von Melodien, die von Pilgerrouten durch seine Heimat Surrey inspiriert wurden, bis hin zu einer Melodie, die er eines Nachts in Oslo auf geheimnisvolle Weise hörte.
Ich habe eine schöne Erinnerung an das Jahr 2011. Das BBC Music Magazine veröffentlichte 100 Jazz Legends by Geoffrey Smith, ein 208-seitiges „Bookazine“, das sich auf dem unsicheren Terrain zwischen einer Zeitschrift und einem Buch bewegte. Und wer war der Musiker, der die Doppelseite zwischen „Baker, Chet“ und „Basie, Count“ so prächtig füllte? Ja, Iain Ballamy. Der Verleger hatte ihm kein Exemplar geschickt, und als er eines Tages in meinem Büro auftauchte, gab ich ihm eines mit nach Hause, damit er es seinen Kindern zeigen konnte.
Sein 60. Jahr wurde von einem traurigen Schlag überschattet, als der Schlagzeuger Martin France im September an Krebs starb. Dies war ein enormer Verlust für eine ganze Generation von Musikern – aber insbesondere für Iain Ballamy. Auf seinen, inzwischen zu Klassikern gewordenen, ersten beiden Alben Balloon Man von 1989 und All Men Amen von 1995 (Produzent: Peter Schulze) spielte er im Quartett mit Martin France an der Seite des Pianisten Django Bates und des Bassisten Steve Watts. Martin France war Ballamys direkter Zeitgenosse, Jahrgang 1964. Sie waren die beiden Jüngsten in der Band.
Dagegen hat aber das Jahr 2025 einiges zu bieten: Oliver Weindling, der Chef des Babel-Labels, hat sein Label aus einem vierjährigen Dornröschenschlaf erweckt, um zwei Alben von Iain Ballamy zu produzieren. Das erste, Green in Blue, wird ein Duoalbum mit dem Pianisten Gareth Williams sein. Außerdem wird es ein Album zusammen mit zwei Stars der jüngeren Generation, dem Gitarristen Rob Luft und dem Bassisten Conor Chaplin, geben. Und Ende des Jahres 2025 soll Steve Bradleys umfassendes Buch über die Loose Tubes endlich das Licht der Welt erblicken.
Jazzjournalist Sebastian Scotney betreibt die Website ukjazznews.com