© Niclas Weber

NICA live special / Winterjazz

Köln

Von Jan Kobrzinowski. NICA live special und Winterjazz Köln – zwei prallvolle Ereignisse an drei Spielorten des Kölner Stadtgartens binnen zwei Tagen. So beginnt eine neue Saison improvisierter Musik mit Vergewisserungseffekt: Die Szene lebt, das Publikum ist (neu-)gierig auf frische Musik, auch wenn man die meisten Akteur*innen schon kennt. Beide Events sind Treffpunkte für die junge Avantgarde, etablierte Künstler*innen, dazu Newcomer aus dem Kölner Umfeld, alles neu geschüttelt und bereit für nie zuvor gehörte Musik. Allein die musikalischen Zutaten sind nicht immer neu, improvisierte und komponierte Musik, Jazz mit Nähe zu Neuer Musik, Elektronik, Pop sowie visuellen Komponenten (Thomas Sauerborn [dr} & Lucas Grey [vid]).

NICA-Artist zu sein, ist ein Privileg: Das vom Land NRW initiierte Künstler*innen-Förderprogramm war ein Pilotprojekt im Europäischen Zentrum für Jazz und aktuelle Musik im Stadtgarten Köln. NICA-Teilnehmer*innen haben im Förderzeitraum von maximal drei Jahren die Möglichkeit, „in gleichen Teilen ihre künstlerischen als auch unternehmerischen Kompetenzen weiterzuentwickeln, um frei und unabhängig von ihrer Kunst leben zu können.“ NICA live special bietet dann die Gelegenheit, das neue Projekt vor einem Fachpublikum in einem etwa 20-minütigen Showcase auf den Punkt zu bringen.

Das Publikum ist kritisch, aber gut gelaunt, dem Neuen und Experimentellen gegenüber offen, auf alles vorbereitet. Alle gehen gut verpflegt und betreut in den Abend. Dafür sorgt Esther Weickel, Projektleiterin von NICA, die charmant und kompetent durch den Abend führt. Der Stadtgarten-Saal ist voll besetzt, als Jorik Bergman mit Luise Volkmann, Johanna Klein und fünf weiteren Frauen und Männern als Flaggschiff des NICA-Abends ein neuartiges Ensemble bilden, mit aktuellen Bearbeitungen von Werken des Multikünstlers Julius Eastman. Brandneue Projekte von Jonas Engel, Jorik Bergman, Stefan Schönegg, Thomas Sauerborn, Fabian Dudek, Emily Wittbrodt und Felix Hauptmann dürfen ans Licht der Fach-Öffentlichkeit. Highlights waren das Trio Fabian Dudek-Ruth Goller-Kate Gentile im JAKI, das Ensemble von Jorik Bergman sowie Felix Hauptmanns Projekt Serpentine mit innovativen Kompositionen in originellen Besetzungen.

Der Winterjazz am Folgetag bleibt ein Abenteuer – ein Rennen um die besten (und manchmal letzten) Plätze, oft im Stehen mit einem Drink in der Hand, im Stadtgarten-Restaurant knäuelt sich alles, die Durchgänge ins JAKI sind verstopft. Der Abend startet gut durchmischt: Erst das Pablo Sáez Surensemble als Crossover-Opener, später folgen alte Häs*innen wie Annette von Eichel und ihr Starensemble und Matthias Schriefl (Shreefpunk mit Gast Sean Payne), unterdessen groovt und croont es auf der zur Bar hin offenen Restaurantbühne mit Lokalmatadorin Ray Lozano. Später dann berserkert das Horst Hansen Trio (im Quintett), während im JAKI bei der Premiere des internationalen Quartetts Ovo berührende Momente passieren. Vier Frauen aus Slowenien, den Niederlanden und der Schweiz transzendieren die Bedeutung des Begriffs A cappella in Richtung einer subtil arrangierten völlig eigenwilligen Vokalmusik mit wenig Ethno-, dafür dichten persönlichen Bezügen. Weitere Beteiligte: Philipp Brämswig, Jan Alexander, Shabnam Parvaresh, Julius van Rhee, Julia Ehninger u.a.