Nuejazz
Nürnberg
Von Christoph Giese. Viel besser hätte das Jahr für das Nuejazz kaum laufen können, gewann das Festival doch nicht nur den Kulturpreis der Stadt Nürnberg, sondern gleich auch noch den Deutschen Jazzpreis als „Festival des Jahres“. Auch vom Wegbrechen einer bedeutenden Festivalförderung ließen sich die Festivalgründer und -macher Frank Wuppinger und Marco Kühnl nicht entmutigen und boten auch 2024 ein vielseitiges Programm an.
Etwa mit Kurt Rosenwinkel (g) und seinem reaktivierten Projekt The Next Step, bei dem Ben Wendel anstelle des etatmäßigen Mark Turner Saxofon spielte. Geblieben ist die aufregende Musik des dicht zusammen agierenden Quartetts voller Improvisationskunst und vielfältigen Schattierungen von leiser Poesie bis zu cool-lässiger und dennoch warm klingender boppiger Intensität.
Das Wort Jazz mag Theo Croker nach eigenem Bekunden gar nicht. Das schrecke viele ab, die seine Hörer sein könnten, sagt er und hat damit recht. Denn seine Hörer können eigentlich alle sein. Die Jazzer, aber auch die coolen jungen Kids, die sich vom modernen Soundmix des Trompeters angezogen fühlen dürften. Von knalligen Drum-Beats, ausufernden Keyboardläufen und natürlich vom lässigen coolen, aber gleichzeitig intensiven Trompetenspiel Crokers, das mal klar und wie ein Strahl die Sounds der Band durchdringt, mal mit Hall angereichert ganz andere Klangbilder generiert. Zwischen Jazz, Funk, Soul, Fusion, HipHop, Afrofuturismus, Club-Elektronik und mit einem Schuss Spiritualität kreierte Croker eine stylishe Black American Music mit großer Sogwirkung. Wie anders klang da das Quartett von Melissa Aldana. Die chilenische Tenorsaxofonistin war puristischer unterwegs, zeigte aber ihre ganze Klasse mit selbst komponierten Akustikperlen ohne Klischees, dafür mit ausdrucksstarkem eindringlichen Saxofonspiel, hoher Improvisationskunst und einem dichten Sound.
Auch Alfa Mist zählt mit seiner Lounge-Ästhetik, seinem zeitgenössischen Jazz mit Pop-Appeal und HipHop-Beats zu den aktuell gehypten Jazzern. Im großen Z-Bau, einer früheren Nazi-Kaserne, lockte der Brite viel junges Publikum an. Dabei klingt seine Musik zumindest live ein wenig zu zugänglich, zu voraushörbar und gefällig und auf Konzertlänge dann auch irgendwann ein wenig langweilig. Den Gedanken an Langeweile ließ die holländische Band Gallowstreet mit ihrer tanzbaren Gute-Laune-Brass-Power-Musik dagegen gar nicht erst aufkommen. Sieben Blech- und Holzbläser, dazu ein ordentlich Dampf machender Schlagzeuger – mehr brauchten die acht Amsterdamer nicht, um Partystimmung zu erzeugen, die im großen Saal dank der groovigen und schweißtreibenden Musik hochkochte, sich stilistisch längst nicht nur beim Jazz bediente und zwischendurch zur kurzen Beruhigung nur mal kurz runtergedimmt wurde.
Auch bei der zweiten Nacht im Z-Bau herrschte fröhliche Club- und Partystimmung. DJs wärmten vor und Senegals legendäres Orchestra Baobab brachte mit karibisch-kubanisch beeinflusster, jazzparfümierter Weltmusik das erneut zahlreiche Publikum rasch zum Tanzen – oder animierte es zumindest zu zarten Bewegungen. Ein Sänger, zwei Saxofonisten, zwei E-Gitarristen, Bass und reichlich Schlagwerk erzeugten eine softe Klangmischung mit repetitiven Rhythmen, zu denen man ganz easy mitschwingen konnte. Was sich im Anschluss bei den Briten der neunköpfigen Truppe Nubiyan Twist mit der stimmstarken Sängerin Aziza Kaye und ihren globalen Grooves zwischen Jazz, Funk, HipHop, Afrobeat, Tanzmusik und Soul nahtlos fortführen ließ.