Rigas Ritmi

Riga

© Rigas Ritmi

Von Christoph Giese. Was hat diese Frau für eine Power. Und was für eine Ausstrahlung. Jabu Morales ist das Herz und der Pulsschlag von AYOM. Das wird klar, wenn man die Multi-Kulti-Band mit Mitgliedern aus Angola, Griechenland und Italien auf der Bühne im großen Garten der Kathedrale von Riga erlebt. Die Brasilianerin ist nicht nur charismatische Sängerin und Perkussionistin des derzeit so angesagten Sextetts, sondern wirbelt und tänzelt auch über die Bühne, um am Ende der Show mit Frevo-Tanzschritten endgültig für Begeisterungsstürme zu sorgen. Aber zu diesem Zeitpunkt haben sie und ihre fünf Jungs an E-Gitarre, E-Bass, noch zwei mal Perkussion und Akkordeon das zunächst etwas reservierte lettische Publikum ohnehin schon von den Stühlen geholt und zum Mittanzen gebracht. Was eigentlich auch nicht schwerfällt bei ihrer afrolusitanischen Black Atlantic Music, wie sie ihren belebenden Weltmusik-Mix mit Einflüssen aus Brasilien, den Kapverden, Angola, Portugal und weiteren mediterranen Ländern selbst nennen.

Wie schön war es, überhaupt wieder ein Konzert mit vielen Menschen bei Rigas Ritmi erleben zu können. Im vergangenen Sommer fand das Festival zwar auch statt, doch die Zurückhaltung war beim Publikum mehr als spürbar. So sah Festivalmacher Maris Briežkalns dieses Mal auch deutlich zufriedener aus. Wohl auch, weil der Topact in diesem Jahr bestens beim zahlreichen Publikum ankam. Die Modern Standard Supergroup um Drummer Billy Cobham, Trompeter Randy Brecker, Saxofonist Bill Evans, Pianist Niels Lan Doky und Bassist Linley Marthe überraschte, und das durchaus positiv, weil sie nicht Jazzstandards spielte, sondern Stücke von Shakira und den Black Eyed Peas, Taylor Swift, Bruno Mars oder sogar K-Pop als Vorlage für jazziges Interplay und Improvisieren nahmen. Das war zumindest unterhaltsam und klasse gespielt, wenn auch nicht unbedingt wahnsinnig aufregend.

Prima zu unterhalten, ist auch das Ding von US-Sänger, Gitarrist und Pianist Clark Beckham, der seine Karriere einst bei der Talentshow American Idol startete und in Riga jetzt mit Songs von Stevie Wonder, James Brown, aber auch Selbstgeschriebenem durchaus zu gefallen wusste. Denn singen kann der 30-Jährige – und über Entertainer-Qualitäten verfügt der sympathische Musiker aus Nashville auch.

Wie schon 2021 gab es parallel wieder eine kleine Bühne in dem coolen halboffenen Kunstzentrum NOASS, direkt am Riesenfluss Daugava gelegen. Das Vinyl-Plattenlabel Jersika Records von Mareks Ameriks sorgte wieder für dieses kleine Festival im Festival, wo man etwa das feine Orgeltrio von Tastenmann Atis Andersons und neben einigen ausländischen Künstlern auch weitere lettische Musiker und Bands entdecken konnte. Und wem das nicht genug Musik war, der konnte die in diesem Jahr tropischen Tage und Nächte in Lettlands besuchenswerter Hauptstadt in der angenehm gekühlten Bar eines großen Hotels bei den allabendlichen Jam-Sessions ausklingen lassen.