© Hans Bürkle

Trans4JAZZ

Ravensburg & Weingarten

Von Christoph Giese. Auch wenn man Theo Croker auf dem Festivalplakat glatt für einen HipHopper halten könnte – der Ausgangspunkt seiner Kunst ist immer der Jazz. Das war beim Eröffnungskonzert des Trans4JAZZ-Festivals in jedem Moment spürbar. Manchmal agierte sein Quartett völlig akustisch wie eine Jazzband, zumeist aber servierten die vier im ausverkauften Kulturzentrum Linse in Weingarten einen Mix, der gar nicht so leicht definierbar ist. Croker ist ein Spiritualist und politisch denkender Künstler und hat den Blick längst auf eine Crossover-Kultur gerichtet, wo sich Jazz, knallige Schlagzeugbeats, hallige, ätherische Trompetensounds, Elemente aus HipHop und Club-Elektronik, Afrofuturismus, gesampelte Stimmen und rituelle Stammesgesänge organisch begegnen und zu einem packenden spacigen Gebräu verbinden.

Musik ohne jeglichen Hipness-Faktor, die auch noch das ein wenig abgeschmackte Label Fusion-Jazz trägt, hätte man von den 1981 gegründeten Yellowjackets erwarten können. Aber weit gefehlt. Das Quartett um Gründungsmitglied Russell Ferrante und dem auch schon seit 1990 mitwirkenden Bob Mintzer (sax) versteht es, mit alten Hits, neuen Tracks und hochmusikalischem Zusammenspiel zu begeistern. Mit nach wie vor untrüglichem Gespür für eingängige swingende Melodien, wohldosierte Improvisationslust, soulige Saxofonsoli und melodiös groovende, funkige E-Bass-Läufe.

Trans4JAZZ pendelt zwischen diesen beiden Polen – Hipness und Retro. Die britische Band Nubiyan Twist – mit knackigen Bläsern, der charismatischen Frontfrau Aziza Jaye und einer Mischung aus Jazz, Soul, Funk und Highlife – erwies sich als perfekter Act für die Samstagnacht im Club Kantine; und um junge Leute zum Festival zu locken. Auch Daniel Herskedal wäre ein Künstler für junges Publikum, mit seinem Spiel auf Tuba und Basstrompete. Mit geloopten und wenigen vorprogrammierten Klängen reicherte der Norweger in einer Kirche sein Livespiel an und komplettierte es zu atmosphärisch weiten Klangbildern. Auch wenn mit zunehmender Konzertdauer in der großen, schwer zu beheizenden Kirche nordisch anmutende Kälte die Beine hochzog.

Ein interessantes Projekt hatte Stefanie Heinzmann mitgebracht. Die Schweizer Pop- und Soulsängerin hat sich von Geiger und Arrangeur Miki Kekenj Stücke ihres eigenen Repertoires neu arrangieren lassen, für klassisches Streichensemble plus Klarinette. Mikis Takeover!-Ensemble spielt schon seit Jahren Popmusik auf klassischen Instrumenten – und auch mit Heinzmanns Musik funktioniert das ziemlich gut, bekommen die Songs doch ganz neue Färbungen verpasst.

Jan Garbarek steht dagegen wieder für das Etablierte im Jazz. Der norwegische Altmeister und sein langjähriges Quartett mit Rainer Brüninghaus (keyb), Yuri Daniel (b) und Trilok Gurtu (perc) beschlossen das Festival im ausverkauften Saal des Konzerthauses von Ravensburg. Noch immer strahlt Garbareks Sound klar wie norwegisches Fjordwasser. Keine Note spielt der 77-Jährige zu viel. Zugänglich ist seine Musik auch noch immer, seine nordische Seele klingt immer mit durch. Aber der zweistündige, pausenlose Auftritt des Quartetts blieb merkwürdig bruchstückhaft. Garbareks Begleiter bekamen ohne Ende Spielraum für lange Solodarbietungen. Vor allem Gurtu durfte sich an Tablas, Cajón und anderem Instrumentarium seinen rhythmischen Fantasien genüsslich hingeben. Dem Publikum gefiel das, nimmt man den nicht enden wollenden stürmischen Beifall am Konzertende zum Maßstab.